Ich versuche alle interessanten Bücher zu rezensieren und objektiv zu bewerten. Egal aus welchem Genre: Von Klassik bis Thriller. Bücher ersetzen kein Leben, aber sie helfen uns, es zu verstehen ...
Gesamtzahl der Seitenaufrufe
10,705
Dienstag, 11. April 2017
Die Morawische Nacht; Peter Handke: Ein großes Stück Selbstreflexion
Die morawische Nacht ist ein äußerst authentisches und zutiefst einsichtiges Buch von Peter Handke. Die Reise des Hauptprotagonisten ist so ergriffen und breitgefächert geschildert, dass man kaum zweifelsfrei behaupten könnte, dass es nicht doch die Reise Handkes selbst ist.
Die Geschichte beginnt auf dem Bootshaus des Ex-Autors. Sechs Freunde besuchen ihn, und er beginnt auf diesem Boot seine Geschichte zu erzählen. Oder expliziter ausgedrückt: seine Flucht. Denn nichts anderes war jene Reise, die er angetreten hatte.
Flucht vor was? Vor wem? Seiner Todfeindin? Diese, die ihm ständig folgt und ihren Hass durch Briefe und tote Tiere vor die Türe legt? Anscheinend. Sie ist, laut dem Ex-Autor, die Einzige, die übrig geblieben ist, von all seinen Hassern.
Die Rundreise führte den Ex-Autor nach Numanica, nach Kärnten und in den Südharz. Sie beginnt jedoch im Balkan. In einer Enklave. Hierbei beschreibt er wie sie von Steinen beworfen werden. Von Kindern. Der alte Hass, der alte nie vergessene Zeitgeist der Balkanleute.
In weiterer Folge nimmt uns der Ex-Autor nicht nur auf eine Entdeckungsreise mit, sondern viel mehr auch in seine eigene Gefühlswelt. Die Gedanken einer Welt, Forderungen nicht entsprechen zu müssen. Erkannt zu werden, obwohl es Zeiten gab, an denen das Erkanntwerden ihn extrem gestört hatten und letztendlich auch zum alten Haus von Ferdinand Raimund, dessen Geist er spürt und dem er verrät, dass sie gleich seien, beide glauben sie nicht an das Böse, deswegen seien sie immer Verlierer gewesen, denn das Böse regiert die Welt.
All dies ist typisch für Handke, eingehüllt in Wortspielereien, die tief ans Herz gehen. Es ist eine Befreiung seines Geistes. Ein Buch, welches man jedem empfehlen kann. Ob Handke Liebhaber oder nicht. Ein Einstieg in die Literatur Handkes. Ein Bild einer Welt. Ein Laufsteg durch Erinnerungen. Das mit großem Abstand größte Meisterwerk von Peter Handke. Er selbst sagte zu diesem Buch, dass ihm endlich ein eigenes Buch vorliege, welches er jemandem empfehlen kann zu lesen.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Rezensionen:
Die Suche - Charlotte Link - Mädchenfänger
Eines Tages wachst du auf und dein Leben ist nicht mehr dasselbe. Als Hannah verschwindet, bricht für ihren Vater, Ryan, die Welt zus...

-
Leo hatte alles und an einem bestimmten Moment im Leben verlor er alles wieder. Bandtour, Auftritte und eine Freundin, Stella, die seine...
-
Menasseh ben Israel (als Manasseh im Buch) hat als Rabbi in Amsterdam in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts gewirkt. Er blieb vielen ...
-
Thomas Bernhard war ein Querdenker. Ein Mensch, der die Welt verstand, doch die Welt verstand ihn nicht. Tragisch-komischer Gedanke. He...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen