Freitag, 23. Februar 2018

Das Leben des Vernon Subutex 2 - Virginie Despentes - Die Unsichtbaren



Vernon Subutex steht kurz vor dem Tod und ist dennoch zufrieden. Nach der Flucht vor der Schlägerei, in der sein Freund Xavier schwer verletzt wurde, schläft er auf einer Parkbank im Norden Frankreichs. Er erkrankt. In diesen Höllenstunden begegnet er Charles einem Alkoholiker. Zunächst wird er von diesem beschimpft. Als er merkt, dass Vernon sich nicht wert, bringt er ihm Aspirin und Orangen. Vernon überlebt und gibt den Anstoß für die neue Geschichte. Der gesamte Roman schwingt in dieser Showeinlage: zwischen überleben und erleben. Kratzt immer am Rande des Wahnsinns. 

Die Geschichte knüpft an, wo sie aufgehört hatte. Die Suche nach der Kassette von Alex Bleach geht weiter. Dieselben Protagonisten tanzen auf der Bühne der Entdeckungsfreude und Vergangenheitsbewältigung. Zudem stoßen weitere Bettler, Verlierer und Traumtänzer in die Welt der Unsichtbaren. Anhand der Figurenkonstellation versucht Virginie Despentes die Ketten der Gesellschaftsschicht zu sprengen. Die, um die es normalerweise nie geht, spielen die übergeordnete Rolle. Ihre Leben werden reflektiert. Sie versucht den Glanz der Welt zu verbergen und den Schimmel am Horizont zum Leuchten zu bringen. 

Ähnlich wie im ersten Teil sind die Figuren vulgär, gesellschaftskritisch und brutal. Wir bekommen einen tiefen Blick in ihre Leben. Zunächst ist man äußerst verwirrt, weil so viele Figuren in das Feld geworfen werden, dass man nicht weiß, was sie in der Geschichte bewegen sollen. Am Ende jedes Kapitels löst sich die Frage jedoch auf und die Verknüpfung wird einem äußerst schnell deutlich. 

Man sollte definitiv den ersten Teil lesen, bevor man sich in dieses Werk stürzt. Zwar gibt es zu Beginn eine kurze Figurenerläuterung, diese ist jedoch für eine Orientierung gut, aber nicht genug. Insbesondere wird das Leben von Vernon Subutex einfach viel zu marginal behandelt. Im ersten Teil bekam man eine äußerst intelligente Sichtweise seines Lebens präsentiert. Im zweiten Teil scheint er nur eine Randfigur zu sein. Viele Figuren übertrumpfen ihn. Ohne den ersten Teil würde man die Geschichte nicht verstehen. Vor allem nicht, wieso das Buch "Das Leben des Vernon Subutex" heißt.

Ansonsten ist es wieder ein hervorragendes Buch. Die Sprache die Despentes verwendet ist ausgezeichnet. Die Stilmittel, die Originalität, die Detailtreue und poetische Intelligenz entwerfen ein hochliterarisches Werk ohne das Spannungsfeld außer Acht zu lassen und das ist ein Können, welches man unbedingt würdigen muss.


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