Dienstag, 5. Dezember 2017

Quazi - Sergej Lukianenko - Ein Leben ohne Angst



Was würde geschehen, wenn der Tod nicht mehr die größte Angst eines Menschen wäre? Wenn das Leben nur eine Zwischenstufe ist und der Tod einen in das nächste Level befördert? Wäre das Menschsein noch eine Alternative? In Zeiten von Automatisierung und Wunschdenken weiterer intelligenter Zivilisationen ein magischer Gedanke am Puls der Zeit. Sergej Lukianenko versucht uns eine Welt zu zeigen, in der Angst nur peripher ist. Aber was sind wir ohne sie?

Die Antwort heißt: Quazi. Nach dem Tod und einer Zwischenstation als Aufständischer, in der man ohne Hirn sein Leben fristet, wird man zu einem Quazi erhöht. Als Quazi ist man 1,5 mal stärker als ein Mensch und hat eine hohe Körpertemperatur. Außerdem sind sie alle Vegetarier, da sie sich als Aufständische von Menschenfleisch ernähren, können sie jenes als Quazi nicht mehr runterwürgen. Um zu einem Aufständischen zu werden, müssen 50 % des Körpers noch intakt sein. Weltweit gibt es sechs Milliarden Aufständische und hundert Millionen Quazis. Davon sind 40 % radikal und gegen ein Zusammenleben mit Menschen.

Denis Simonow ist 30 und hat alles verloren. Als die Apokalypse vor zehn Jahren begann, hatte er noch eine Frau und einen Sohn. Nun ist er der einzige Ermittler für Todesangelegenheiten im Polizeirevier in Moskau. Sein Hass gegen Aufständische und Quazis bringt ihn immer wieder in prekäre Situationen und er wird drei Mal von den Quazis angezeigt. Die Folge ist, dass er einen Quazi als Partner zur Seite gestellt bekommt: Michail Iwanowitsch. Dieser war in seinem Leben als Mensch Revierleiter bei der Polizei. Die Quazis bleiben bei denjenigen Berufen, die sie bereits als Menschen ausgeübt hatten. Sie können sich nicht mehr weiterentwickeln und anderen Berufen nachgehen. Bis auf ihre blaugraue Hautfarbe sind sie kongruent mit dem Aussehen der Menschen.

Denis ist eine authentische Figur, die sich ignorant und selbstbewusst der Welt entgegenstellt. Schnell wird ihm bewusst, dass die Menschen und die Quazis ein viel perfideres Spiel kokettieren, als es der Öffentlichkeit präsentiert wird. Was hat es mit dem Gerücht auf sich, dass ein Virus im Umlauf sei, welches alle Menschen auslöschen könnte? Und wer ist dieser Junge, der mit Michail abhängt und suggeriert wird, dass es sein verlorener Sohn ist?

Sergej Lukianenko ist einer der erfolgreichsten russischen Autoren. Er arbeitet zynisch mit dem Phantomschmerz der jungen Generation. Der innerliche Frust überwiegt bei seinen Figuren, weil sie nicht mehr einfach so verreisen konnten und ein freies Leben mit freien Gedanken genießen konnten. Alles war abgeschottet, das Land zu verlassen kaum möglich. Er arbeitet mit den Motiven, dass wir in der Welt so viel tun können, aber es nicht wertschätzen. Wie in seinen anderen Fantasy-Romanen sind seine Gedanken immer auch mit der Realität verknüpft. In „Labyrinth der Spiegel“ beschäftigte er sich zum Beispiel mit der fortschreitenden Technologie und das eines Tages die Menschen nur mehr in der virtuellen Welt leben würden. Dieses Buch ist ein Zeitgeist, der wohl in ferner Zukunft nicht mehr utopisch wirken wird. Die Wiedergeburt als eine stärkere Spezies scheint nicht so realistisch zu sein, jedoch verknüpft er hier die rasante Innovation der Medizin mit der Vorstellung etwas Größeres erschaffen zu können, als der Mensch ist.
Dies ist der erste Band einer Reihe. Es scheint, als hätte er nach seiner langen Reihe der „Wächter“, eine neue, raffinierte Fortsetzungsgeschichte kreiert, die uns noch lange beschäftigen wird.  




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